Die Sonne gibt in diesem Jahr kaum einer Regenwolke Platz am Himmel. Unermüdlich scheint sie im ganzen Land, so dass im Grunde jeder ausreichend Sonnenlicht tanken kann, um seine Vitamin D Speicher zu füllen. Auch in Alten- und Pflegeheimen strecken sich die Menschen nach dem Licht. Besonders während der langen Phase der Isolation, war der Garten ein wichtiger Ort um Kraft zu tanken. Nicht nur die Sonne haben viele Menschen während dieser Zeit im Garten gefunden, sondern auch Hoffnung und Zuversicht.
Seit diesem Frühjahr konnte der Garten im Thomas Müntzer Haus endlich wieder zu einem Ort der Begegnung werden. In vertrauter Runde sitzen wir unter dem großen Sonnenschirm und zupfen getrocknete Kräuter, um daraus Teebeutel herzustellen. Dass wir dabei sämtliche Hygienevorschriften beachten, muss ich an dieser Stelle eigentlich nicht erwähnen.
Die Kräuter haben wir vor 3 Wochen bei unserem letzten Gartentherapietag geerntet, gebündelt und zum Trocknen aufgehängt. Heute zerreiben wir die duftenden Blätter von Melisse, Minze und
Eberraute und füllen sie in große Teebeutel. Pro Kanne Kräutertee wird einer dieser XL Teebeutel ausreichend sein und wir produzieren locker für jede der sechs Wohngruppen ein paar dutzend
Beutel.
Vom Duft der trockenen Kräuter erfüllt geht es in die Mittagspause. Am Nachmittag treffen wir uns wieder alle unter dem großen Sonnenschirm. Einige Bewohner*innen werden im Rollstuhl in den Garten gefahren, andere von Pfleger*innen gebracht und manche finden selbständig zur Gartengruppe. Unser Ziel am Nachmittag: Schnittlauchquark mit Pellkartoffeln. Gesagt, getan und an die Arbeit, den frisch geernteten Schnittlauch in kleine Röllchen schneiden. Das Kraut habe ich während der Mittagspause aus der Schnittlauchhecke geschnitten, die wir um die Beete des Bauerngartens gepflanzt haben. Der würzige Duft breitet sich zunehmend aus und es läuft einem das Wasser im Mund zusammen. Der Kräuterquark ist schnell zusammengerührt und die Kartoffeln dampfen frisch gekocht im großen Topf. In geselliger Runde unter freiem Himmel, schmeckt es sehr viel besser.
Oder was meinen Sie?
Der Einsatz von Pflanzendüften basiert auf dem Konzept der Basalen Stimulation. Basale
Stimulation meint, eine behutsame Anregung der sinnlichen Wahrnehmung wie Sehen, Schmecken, Riechen, Hören oder Tasten, der Körpererfahrung und der Kommunikationsfähigkeit. Sie möchte
Orientierung und Halt geben in einer Welt, die vielleicht zu fremd geworden ist. Gerüchen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu, da sie einen direkten Einfluss auf unser Gefühlsleben haben und
auch die damit verbundenen Erfahrungen wachrufen können. Dabei geht es um Düfte aus einem vertrauten Sinnzusammenhang. Auf diese Weise kann Wahrnehmung gefördert, Orientierung gegeben und
Kommunikation in die Wege geleitet werden.
(Buchholz und Schürenberg 2013: Basale Stimulation in der Pflege alter Menschen. Hans Huber Verlag)